CF-MB im Gespräch mit... Dr. Philipp Busch | Group Builders Hamburg

Die Corona-Pandemie hat Vieles auf den Kopf gestellt. Unternehmen, die bedingt durch diese Situation gezwungen oder gewillt sind, ihr Unternehmen zu verkaufen, stellen sich die Frage nach einem geeigneten Nachfolger. Auf der anderen Seite sind Beteiligungsgesellschaften durch die Pandemie besonders gefordert, ihre Portfoliounternehmen zu schützen, Chancen neuer Investitionen zu erkennen und die Herausforderungen hinsichtlich der Unternehmensführung zu meistern.

CF-MB: Wo liegen 2021 die größten Herausforderungen für die Unternehmensführung?

Die Herausforderungen leiten sich aus den großen Trends für 2021 ab:

  • COVID 19 ist noch nicht vorbei und wird uns 2021 noch beschäftigen.
  • Die Digitalisierung und die damit verbundenen Veränderungen erfolgt exponentiell und wird immer stärker wettbewerbsdifferenzierend.
  • Nachhaltigkeit wird ein bestimmender Faktor wirtschaftlichen Handelns.
  • Das Verhältnis zwischen China - unserem größten Handelspartner – und dem Westen ist so angespannt wie lange nicht.

Ich möchte allerdings zwei Herausforderungen besonders hervorheben:

Corona stellt für alle Unternehmen eine Sondersituation dar und je nach Branche auch eine existenzgefährdende Bedrohung. Das bedeutet für die Führung eines Unternehmens erhebliche Managementfähigkeiten, die von handwerklichem Können und Mut begleitet sein sollten, aber auch erhebliche kulturelle Leistungen. Es gilt parallel die Liquidität sicherzustellen, aufzupassen, dass der Verschuldungsgrad auch mit staatlichen Hilfen nicht zu hoch wird und ein strenges Kostenmanagement, bei gleichzeitigem in Gang setzen kreativer Prozesse, um neue Umsatzquellen zu erschließen. Eine Unternehmenskultur, die auf Werten und Vertrauen basiert, hat mit dem Home Office weniger Probleme als angstgetriebene, hierarchische Strukturen. Jetzt zahlen sich flache Hierarchien und agile Strukturen nicht nur aus, sondern sichern das Überleben. Die Art und Weise, wie wir mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten in dieser Krise umgehen, wird unser Verhältnis zu diesen in der Zukunft im positiven, wie im negativen Sinne in besonderem Maße prägen. Out of the box Denken gilt es nicht nur zu postulieren, sondern zu fördern und die Resultate umzusetzen sowie analytisch überzeugend, entscheidungsstark, integer und mit guter Laune zu führen.

Führungskräfte, die diese Herausforderung meistern, empfehlen sich für höhere Weihen, aber es gilt auch der Umkehrschluss.

Auch jenseits einer Pandemie bleibt die Veränderungsgeschwindigkeit von Märkten sehr hoch und erhält durch die Digitalisierung einen exponentiell wirkenden Turbo. Die Herausforderung für die Unternehmensführung wird sein: Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen und neue zu entwickeln sowie Prozesse konsequent zu digitalisieren, um mit geringeren Kosten und höherer Geschwindigkeit in den Märkten agieren zu können.  Diese Entwicklung hat einen hohen Einfluss auf die Auf- und Ablauforganisation sowie Qualifikation von Mitarbeitern, um die hohe Agilität im Unternehmen auch strukturell zu verankern.

Eine geringe Digitalisierung von Unternehmen wird an der Börse empfindlich abgestraft. Top-Führungskräfte, die kein Verständnis von den Chancen und Wirkungen der Digitalisierung haben, gefährden ihr Unternehmen.

Nimmt man dann noch die Themen Nachhaltigkeit, was ein vollkommenes Beherrschen der Prozesskette und „Mikromanagement“ erfordert, und instabile Auslandsmärkte hinzu, so sind die Herausforderungen für Führungskräfte gewaltig. Diese zu bewältigen geht nur mit mentaler Ausgeglichenheit, solider Kenntnis, hoher analytischer Fähigkeit, klarer Wertorientierung und Mut zur Entscheidung.

CF-MB: Warum eignen sich Family Offices besonders als Wachstumspartner für kleine und mittelständische Unternehmen? Und welche Vorteile bieten Family Offices als Investoren?

Ich denke, handelnde Personen haben einen stärkeren Einfluss darauf, ob ein Investor ein guter Wachstumspartner für mittelständische Unternehmen ist, oder nicht. Wir stellen als Group Builders Hamburg Unternehmensgruppen aus kleineren und mittelständischen IT-Unternehmen zusammen und begleiten, nachdem ein Investor eingestiegen ist, deren organisches und anorganisches Wachstum, bis zum zweiten Exit.

Diese Unternehmen wachsen sehr stark in hochinnovativen Märkten und haben eine sehr eigene Kultur. Nehmen wir diese Unternehmen einmal als herausforderndes pars pro toto für einen Wachstums-Case, so kann man sagen - möchte man das enorme Wachstums- und Wertsteigerungspotential dieser Gruppen heben - dass sich dafür Investoren besonders eignen, die gewisse Fähigkeiten mitbringen, die in Family Offices oder sagen wir einmal durch Unternehmermittel gefundete Investmentvehikel nach unserer Erfahrung häufiger aufweisen.

Diese sind in Bezug auf die Investmentstrukturen häufig flexibler, die Fondslaufzeit ist für gewöhnlich nicht starr und es ist durchaus möglich, wenn es erforderlich ist, andere Special Purpose Vehicles (SPV) zu bilden. Nicht selten besteht die Leitung von Family Offices (FO) aus Unternehmern, die eine ähnliche Sprache wie die Unternehmen sprechen. Vor allen Dingen geht es bei diesen nicht immer ausschließlich um die Optimierung des Grenznutzens. Der, nennen wir ihn mal sportliche Ehrgeiz, jede Schraube zum Nutzen des Investors immer weiter zu drehen, wird gedrosselt durch die Erkenntnis, dass faire Partnerschaft am Ende zu höheren Werten führt und einer Verantwortung gegenüber den Unternehmern, aber auch den Mitarbeitern gerechter wird. Wir haben etliche Deals genau an dem letzten Punkt scheitern sehen. Ein weiterer struktureller Vorteil von Family Office ist, dass es zu den Investoren lange vertrauensvolle Beziehungen und kurze Wege gibt.

Es gibt allerdings auch durch institutionelles Geld gefundete PE Häuser, die exzellente Partner für mittelständische Unternehmen sind, wenn sie ein Management haben, welches über die oben genannten Fähigkeiten verfügt.

CF-MB: Mit welchen Maßnahmen kann eine Beteiligungsgesellschaft das Portfolio in Krisenzeiten am besten stützen?

Es erscheint trivial, aber an erster Stelle steht die Sicherstellung von Liquidität. Sie muss mit einer professionellen Task Force, auf der Kostenseite, aber auch die Zuführung von Eigen- und Fremdkapital umgesetzt werden. Dass die Zahlen schlecht sind und Werte vernichtet werden, weiß die Unternehmensführung selber. Insofern ist eine Beteiligungsgesellschaft klug beraten Menschen an sich zu binden, die für die Beteiligungsunternehmen bereichernde Sparringspartner sind, um kreative Idee zu entwickeln wie man den Verlust begrenzt, den Umsatz stabilisieren und vielleicht sogar ausbauen kann. Krisen haben den enormen Vorteil Handlungsdruck zu erzeugen, aber auch enorme Innovationsreserven zu heben. Da gilt es ermutigend und mutig mit den Unternehmen neue Wege zu beschreiben/bestreiten.

CF-MB: Worauf gilt es aktuell bei Neuinvestitionen zu achten?

Es empfiehlt sich, neben all bekannten Due Diligence relevanten Aspekten, vor allen Dingen darauf zu achten, dass man Unternehmen und insbesondere eine Unternehmensführung auswählt, die ein solides Verständnis, das heißt Offenheit, Motivation und Kenntnis über den Einfluss der Digitalisierung auf Geschäftsmodelle, Kosten und Organisation hat. Unternehmen in nahezu jeder Branche, die dieses Verständnis nicht im C-Level verankern, werden es sehr schwer haben zu wachsen.

CF-MB: Sie sind auch Vorsitzender des Kuratoriums der Wertekommission e.V. Welche Werte wirken sich positiv auf ein Unternehmen aus, um sich langfristig erfolgreich am Markt zu platzieren?

Eine freie Gesellschaft, wozu auch die Freiheit des Wirtschaftens gehört, funktioniert ohne geteilte und gelebte Werte nicht. Das kann man auf außenpolitischer Ebene sehr gut daran beobachten, wenn westliche Staaten, selbst wenn man beste Absichten unterstellte, versuchen, in Ländern Demokratien zu etablieren, in der Hoffnung, aus diesen würde in ein paar Jahren Dänemark werden. Da für eine Demokratie relevante Werte häufig weder vorhanden noch geteilt werden, sind das unter anderem die Gründe für failed states.

Werte wie Verantwortung, Respekt, Nachhaltigkeit, Integrität ja auch Mut sind auch in Unternehmen nicht nur weiche Wohlfühlfaktoren, sondern Effizienzturbos.

Wenn man agile Strukturen haben möchte, die mit hoher Kreativität und Reaktionsgeschwindigkeit auf den Märkten Umsätze erwirtschaften, müssen sie Performance mit Vertrauen verheiraten. Wenn man Kreativität und Innovation fördern möchte, müssen die Mitarbeiter Wertschätzung und Fehlertoleranz erfahren. Wenn man hohe Leistung mit Vertragspartnern erzielen und Rechtsanwaltskosten senken möchte, benötigt man Integrität. Wenn man Mitarbeiter halten möchte, muss die Unternehmenskultur stimmen. Die gelebten Werte eines Unternehmens sind häufig relevanter als die Bezahlung. Die Mitarbeiter der Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, haben nahezu jede Woche ein Angebot auf dem Tisch, den Arbeitgeber zu wechseln. Der Grund, warum sie bleiben, ist die Kultur, die auch eine faire Bezahlung beinhaltet. Wenn man Unternehmen nachhaltig führen möchte, ist der Grenznutzen ins Verhältnis zu den die ökonomischen Fragen begleitenden Wertfragen zu setzen.

Bei Werten handelt es sich nicht um weiche Faktoren einer naiven Blümchenökonomie, sondern um eine Haltung, die erheblich zum Erfolg und der Wertsteigerung von Unternehmen beiträgt. Ferner leben wir zusammen in einer Gesellschaft, in der jeder aufgefordert ist, auch auf den Anderen zu achten. Viele Unternehmen tragen dieser gesellschaftlichen Verantwortung in vielfältiger Art Rechnung.

CF-MB: Vielen Dank für das Gespräch, Dr. Philipp Busch.

Als Partner von Group Builders Hamburg stellt Dr. Philipp Busch IT Unternehmen zu agilen Unternehmensgruppen zusammen und begleitet deren organisches  und anorganisches Wachstum. 

Dr. Philipp Busch ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Studium der BWL und Geographie in Mannheim begann er seine Karriere bei BCG. Von da wechselte er in die Geschäftsführung unterschiedlicher Medienhäusern wie Gruner + Jahr und manager magazin. Seit dem Jahr 2000 beschäftigt er sich parallel in unterschiedlichen Funktionen mit digitalen Geschäftsmodellen. Dr. Philipp Busch war Salonier des Hauptstadtsalons Berlin und ist Kuratoriumsvorsitzender der Wertekommission.