Corona-Krise - Gewinner und Verlierer

Corona-Krise - Gewinner und Verlierer

veröffentlicht durch Rheinische Post

Welche Branchen sind besonders von der Krise betroffen, für welche tun sich neue Chancen auf? Mit ihrer Marktexpertise können Sanierer und Insolvenzspezialisten hier bereits klare Trends definieren.

Alle Branchen sind von der Pandemie betroffen. Über die Auswirkungen diskutieren die Sanierungsspezialisten beim RP-Wirtschaftsforum "Sanierung & Beratung".

Veranstaltungen sind begrenzt, Reisen ist schwierig. Besonders von der Krise betroffen sind dementsprechend die Tourismus- und Event-Branchen. „Aber auch der Einzelhandel kann nur schwer planen“, sagt Dr. Paul Fink (FRH Fink Rinckens Heerma). Das habe Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft: Vermietungen werden nicht mehr langfristig angenommen, auch die Mieten seien betroffen. Langfristig müsse man sich zudem womöglich in Folge solcher Entwicklungen Sorgen um die Kreditwirtschaft machen. „Die Krise wird am Ende bei den Banken ankommen, die sich selbst gerade im Strukturwandel befinden“, befürchtet Fink.

Der deutsche Maschinenbau zählt zu den Exportweltmeistern. Diese an sich positive Tatsache führt mit ihrer Abhängigkeit vom Weltmarkt aktuell aber zu Problemen in der Branche, erklärt Dr. Stefan Krüger (Mütze Korsch): „Viele Auslands-Aufträge sind weggebrochen.“ Carsten Häming (Corporate Finance Mittelstandsberatung) sieht in der Hotellerie viele Insolvenzen kommen. Den City- und Messehotels sei das Geschäft abhanden gekommen, „und in den Ländern im Süden ist der Tourismus zum Erliegen gekommen“.

Zu den mittelfristigen Verlierern der Krise rechnet Wilken Beckering (Beiten Burkhardt) darüber hinaus den Einzelhandel, der während des Lockdowns fast komplett geschlossen war. „Die Kunden haben sich an den Online-Einkauf gewöhnt, und Shoppen mit der Maske macht ihnen keinen Spaß.“ Kleine Geschäfte leiden nach Beobachtung des Experten besonders. Wenn sie schließen, gebe es Leerstände und Druck auf die Mieten.

„Der Einzelhandel hatte schon vor der Krise Probleme“, fügt Dr. Dirk Andres (AndresPartner) hinzu. „Die Notwendigkeit, sich anzupassen, ist jetzt wichtiger denn je.“ Andres sieht zudem den Maschinen-Handel unter Druck. So sei das Geschäft etwa unter anderem mit japanischen Herstellern zusammengebrochen.

Betroffen sieht Dr. Martin Rappert (Beiten Burkhardt) ferner private Immobilienbesitzer. Vollbeschäftigung und niedrige Zinsen hätten vor der Krise zu einem Kauf-Boom geführt. „Nun stehen zahlreiche Anschlussfinanzierungen an. Werden sie von den Banken bereitgestellt?“, fragt Rappert. Das sei insbesondere im ländlichen Bereich ein Thema. Da aber die Zinsen nicht steigen, die Kreditversorgung weiterhin sichergestellt sei und es viele Menschen zurzeit in ländliche Regionen ziehe, gebe es auch in der Provinz Wertsteigerungen, meint hingegen Dr. Paul Fink.

Zu den Krisengewinnlern gehören Unternehmen, die im Bereich der Digitalisierung tätig sind, sagt Prof. Dr. Peter Neu (D‘Avoine Teubler Neu) und verweist auf Home-Office und Investitionen in die IT. Die eigentlichen Gewinner der Entwicklung seien aber die großen Konzerne in den USA. Carsten Häming sieht in Folge eine Beschleunigung neuer Geschäftsmodelle. Der Wandel vom klassischen zum Online-Vertrieb werde sich noch schneller vollziehen.

„Vorteile werden außerdem Unternehmen haben, die die KfW-Hilfskredite für eine vernünftige Restrukturierung nutzen“, ist Dr. Stefan Krüger überzeugt. Letztlich profitiert die eigene Branche von den aktuellen Entwicklungen, sagt Georg Kreplin (Kreplin & Partner) stellvertretend für die Sanierer und Insolvenzverwalter. „Sie werden großen Zulauf bekommen.“

Themen gibt es für die Experten genug. In der metallverarbeitenden Industrie werde es zum Abbau von Arbeitsplätzen kommen, sagt Prof. Dr. Peter Neu, dabei gehe es dann zum Beispiel um die Gestaltung von Transfergesellschaften. Auch Unternehmenskäufe und -verkäufe aus der Krise heraus (Distressed M&A) werden zunehmen, prognostiziert Carsten Häming. Für inhabergeführte Unternehmen sei es jetzt eine gute Zeit, Restrukturierungsmaßnahmen umzusetzen, fügt Dr. Paul Fink hinzu: „Vermieter und Produzenten sind zu Zugeständnissen bereit, ebenso Arbeitnehmer.“ Unternehmer könnten dies nutzen, über einen Unternehmensverkauf nachzudenken, ergänzt Dr. Stefan Krüger.