KI-Einsatz im M&A -  Fluch oder Segen

KI-Einsatz im M&A - Fluch oder Segen?

Die Digitalisierung macht auch vor dem Markt für Unternehmenstransaktionen (M&A) nicht Halt. Während der klassische M&A-Prozess (Verkauf oder Kauf) früher weitgehend durch persönliche Netzwerke, weitrechende Marktkenntnis und diskrete Verhandlungen geprägt war, kommen heute verstärkt digitale Technologien ins Spiel. Künstliche Intelligenz (KI) nimmt dabei eine immer größere Rolle ein. Sie verspricht eine effizientere Identifikation potenzieller Käufer oder Zielunternehmen und die Automatisierung langwieriger Rechercheprozesse. Doch mit der zunehmenden Technologisierung entstehen auch Herausforderungen und Risiken, die den M&A-Markt nachhaltig beeinflussen können.

Während KI in vielen Bereichen erhebliche Effizienzgewinne bietet, darf nicht übersehen werden, dass gerade im Mittelstandssegment persönliche Beziehungen, Vertrauen und Diskretion nach wie vor eine entscheidende Rolle spielen. Zudem nutzen nicht alle Marktakteure die neuen Technologien auf seriöse Weise. Es stellt sich also die Frage: Wird der KI-Einsatz im M&A langfristig ein Segen oder ein Fluch sein?

KI-gestützte M&A-Suchmandate: Mehr Quantität, weniger Qualität?

Der Einsatz von KI im M&A-Prozess kann vor allem in der Identifikation potenzieller Zielunternehmen (sogenannte Target-Longlists) oder Investoren eine große Unterstützung sein. KI-Modelle analysieren riesige Mengen an Marktdaten, Unternehmenskennzahlen und Transaktionshistorien aus Datenbanken, um potenzielle Übereinstimmungen zu finden. Besonders in einem zunehmend globalisierten und fragmentierten Markt kann dies eine wertvolle Hilfe sein.

Doch die Kehrseite dieser Entwicklung sind massenhaft generierte Kontaktanfragen. Viele Marktteilnehmer setzen auf KI-gestützte „Massenwurfsendungen“, um möglichst schnell und kostengünstig eine Vielzahl potenzieller Interessenten zu erreichen. Dies führt dazu, dass sich solche unpersönlichen und oft wenig zielgerichteten Anfragen rasch abnutzen. Gerade im Segment der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) bleibt eine persönliche und diskrete Ansprache essenziell.

Warum sind persönliche Ansprachen unabdingbar?

Bei KMU sind Unternehmens- und Privatsphäre regelmäßig eng miteinander verwoben. Diese Verbindungen werden in normierten Datenbank nach außen nicht sichtbar und können daher auch nicht von einer KI berücksichtigt und verarbeitet werden. Die persönlichen Motive des Eigentümers oder der Eigentümerfamilie sind ebenfalls für Externe nicht erkennbar. Doch diese sind wichtig, um ein Verständnis der Transaktionsbereitschaft und Transaktionsziele zu entwickeln. Außerdem zeigen die öffentlich verfügbaren Unternehmensdaten nur einen kleinen Ausschnitt (z.B. Umsatz, Bilanzsumme, Mitarbeiterzahl) und sind stets vergangenheitsbezogen – oft mit einer zeitlichen Verzögerung bis zur Publikation von 2-3 Jahren. Für eine fundierte Einschätzung einer Übereinstimmung sind zukunftsbezogene Informationen und Strategien unerlässlich, die aber meistens nur der Unternehmer selbst kennt.

Seriosität, Vertraulichkeit, persönliche Beziehung und der direkte Kontakt sind also weiterhin ausschlaggebend für eine erfolgreiche Transaktion. Die regionalen Finanzinstitute, wie etwa die Sparkassen, sind in diesem Bereich nach wie vor die bevorzugten Ansprechpartner, da sie das notwendige Vertrauen und die lokale Marktkenntnis mitbringen. Denn Transaktionen sind für viele KMU einmalige Vorgänge in der Unternehmensgeschichte, die daher nicht dem Zufall überlassen werden sollten.

Schwarze Schafe im M&A-Geschäft: Die Schattenseite der Automatisierung

Mit dem verstärkten KI-Einsatz wächst auch die Zahl unseriöser M&A-Berater. Ein bekanntes Phänomen ist das sogenannte „Abgreifen“ von Verkaufsmandaten. Hierbei treten vermeintliche M&A-Berater an Unternehmen heran und versprechen Kontakte zu potenziellen Käufern – jedoch ohne selbst über ein Kauf- oder Suchmandat zu verfügen. Das eigentliche Ziel solcher Berater ist es, sich den Verkaufsauftrag zu sichern, ohne eine realistische Aussicht auf eine erfolgreiche Transaktion zu haben.

Ebenso sind an dieser Stelle „M&A-Makler“ zu nennen, die beide Seiten an einen Tisch bringen, ohne die Interessen nur einer Seite während des gesamten M&A-Prozesses zu vertreten. Eine rigorose Interessenvertretung in einem komplexen Transaktionsprozess kann jedoch nur funktionieren, wenn der M&A-Berater ausschließlich seinem Mandanten gegenüber verpflichtet ist und für dessen Ziele arbeitet.

Fazit: KI als Werkzeug, nicht als Ersatz für persönliche Beratung

KI kann zweifellos einen wertvollen Unterstützungsbeitrag im M&A-Geschäft leisten. Insbesondere bei der Ermittlung möglicher Zielunternehmen oder der Identifikation potenzieller Investoren kann der Einsatz intelligenter Algorithmen Zeit sparen und erste Analysen ermöglichen. Dennoch bleibt M&A aus den genannten Gründen ein Geschäft, das auf Vertrauen, Diskretion und individuelle Beratung setzt – insbesondere im KMU-Bereich. Die persönliche Ansprache durch seriöse Berater bleibt daher das Mittel der Wahl. Gleichzeitig sollten Unternehmen wachsam bleiben und sich nicht von Anbietern täuschen lassen, die M&A als ein anonymes Massengeschäft begreifen. KI kann in einem M&A-Prozess anfangs unterstützend wirken, den notwendigen persönlichen Kontakt und Einsatz ersetzt es aber nicht.