Mittelstand: Wie die Nachfolgekrise unsere Wirtschaft bedroht

Mittelstand: Wie die Nachfolgekrise unsere Wirtschaft bedroht

Die deutsche Wirtschaft steht vor einem ernsthaften Problem: Tausende traditionsreiche Unternehmen stehen vor dem Aus. Nicht wegen Insolvenz oder wirtschaftlicher Flaute, sondern schlicht, weil sie keinen Nachfolger finden. Der "stille Exodus" hat begonnen und seine Folgen könnten dramatisch sein.

Die nackten Zahlen: Ein Mittelstand ohne Zukunft?

Die Zahlen des KfW-Research für 2025 sprechen für sich:

  • 54 Jahre – Das Durchschnittsalter von Unternehmer:innen in Deutschland.
  • 231.000 Betriebe – So viele suchen dringend einen Nachfolger.
  • 45.000 Übernahmeinteressierte – Es gibt viel zu wenige, die diesen Schritt wagen wollen.

Die Rechnung ist ernüchternd: Viele Unternehmen werden in den kommenden Jahren schlicht geschlossen, obwohl sie wirtschaftlich gesund und oft hochmodern sind. Der Fall von Hans, dem 58-jährigen Maschinenbauunternehmer aus Westfalen ist dabei kein Einzelfall. Sein Betrieb, ein Paradebeispiel deutscher Ingenieurskunst, wird bald die Tore schließen. Nicht wegen mangelnder Nachfrage, sondern mangels Nachfolge.

Warum finden Unternehmen keine Nachfolger?

Die Nachfolgekrise ist kein plötzliches Phänomen, sondern das Ergebnis struktureller Probleme:

Generationswechsel und Wertewandel: Junge Menschen träumen heute oft von Startups, flexiblen Arbeitsmodellen und schnellen "Exits", statt ein mittelständisches Unternehmen zu übernehmen. Der Wunsch nach Sicherheit, langfristigem Engagement und Verantwortung scheint in Zeiten von "Workation" und "Digital Nomadism" an Attraktivität verloren zu haben.

Überregulierung: Die Bürokratie in Deutschland ist für viele abschreckend. Wer einen Betrieb übernimmt, sieht sich mit einer Vielzahl an Auflagen, Vorschriften und Hürden konfrontiert. Das schreckt potenzielle Nachfolger ab, bevor sie sich überhaupt näher mit dem Gedanken befassen.

Fehlende Wertschätzung: Der deutsche Mittelstand steht im Schatten der Glorifizierung von Startups. Während Gründer in der Tech-Branche gefeiert werden, bleibt die Übernahme eines Familienunternehmens vergleichsweise unattraktiv. Dabei sind es diese Betriebe, die für Stabilität, Arbeitsplätze und Innovation sorgen.

Finanzielle Hürden: Auch der finanzielle Aspekt spielt eine Rolle. Die Übernahme eines Unternehmens ist oft mit erheblichen Investitionen verbunden. Viele Nachfolger scheuen diese Risiken, insbesondere, wenn sie gleichzeitig durch Banken oder Investoren nicht ausreichend unterstützt werden.

Die Folgen: Verlust von Wirtschaftskraft und Expertise

Was passiert, wenn diese 231.000 Betriebe schließen? Es geht nicht nur um Arbeitsplätze, sondern um das Herz der deutschen Wirtschaft. Der Mittelstand ist Träger von Innovation, technologischem Know-how und regionaler Stabilität. Wenn Unternehmen wie der von Hans schließen, verlieren wir jahrzehntelange Expertise, Maschinenparks und Netzwerke, die über Generationen aufgebaut wurden.

Die Lösung: Nachfolge muss attraktiv werden

Es ist Zeit für ein radikales Umdenken. Die Nachfolgekrise ist lösbar, wenn wir den Mittelstand wieder ins Rampenlicht rücken und junge Menschen ermutigen, Verantwortung zu übernehmen. Einige Maßnahmen könnten sein:

Mentoring und Förderung: Erfahrene Unternehmer könnten potenzielle Nachfolger begleiten und so den Übergang erleichtern.

Bürokratieabbau: Weniger Regulierungen und einfachere Prozesse könnten die Übernahme erleichtern.

Finanzielle Anreize: Steuerliche Vorteile oder Förderprogramme könnten Übernahmen attraktiver machen.

Imagewandel: Der Mittelstand muss als moderner, innovativer und zukunftsträchtiger Wirtschaftsbereich präsentiert werden.

Zusätzlich könnten Investoren eine wichtige Rolle spielen. Sie könnten Betriebe übergangsweise stabilisieren oder jungen Nachfolgern finanziellen Rückhalt bieten, bis diese Fuß gefasst haben.

Ein Aufruf zum Handeln

Die Nachfolgekrise im Mittelstand ist kein Schicksal, sondern das Ergebnis politischer und gesellschaftlicher Versäumnisse. Doch es ist noch nicht zu spät gegenzusteuern. Wenn wir jetzt handeln, können wir nicht nur Traditionsbetriebe retten, sondern auch die Grundlage für eine starke, nachhaltige Wirtschaft der Zukunft legen.

Hans’ Maschinenbaubetrieb darf nicht das Symbol eines sterbenden Mittelstands werden, sondern ein Weckruf endlich zu handeln sein.