Wie viel Eigenkapital wird beim Kauf eines Unternehmens benötigt?

Wie viel Eigenkapital wird beim Kauf eines Unternehmens benötigt?

erschienen in der FAQ-Reihe von Gründer.de / Autor Carsten Häming

Wenn du ein Unternehmen kaufst, ist das eingesetzte Eigenkapital von großer Bedeutung, da es sich auf deine finanziellen Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren auswirkt. Obwohl es keine einfache Formel für die Berechnung der „richtigen“ Höhe der Eigenkapitalquote beim Unternehmenskauf gibt, ist es wichtig zu zeigen, dass man etwas Verbindlichkeit in das Vorhaben zeigt. Viele weitere Parteien werden gebeten, ein Risiko für die Gründer einzugehen – Kreditgeber, Investoren, sogar der Verkäufer. Der beste Weg, diesen Parteien dein Engagement zu zeigen, ist ein signifikanter Einsatz von eigenen Mitteln als Eigenkapital. Doch wie viel Eigenkapital brauchst du für die Unternehmensübernahme nun tatsächlich?

Eine gute Faustregel ist, dass die Eigenkapitalquote etwa 20 bis 30 % des Kaufpreises abdecken sollte. Kreditgeber werden dabei jedoch berücksichtigen, dass ein erfahrener Unternehmer wahrscheinlich über andere finanzielle Mittel verfügt als jemand, der gerade erst anfängt, so dass der Prozentsatz variieren kann. Insgesamt suchen die Kreditgeber nach einer sinnvollen Verpflichtung in irgendeiner Form, z.B. Kapital in Form von liquiden Mitteln, persönliche Bürgschaft, Grundschulden etc. Jemand, der viele Jahre in einem Unternehmen gearbeitet hat und nun das Unternehmen oder einen Teil davon kaufen möchte, wird zum Beispiel manchmal in der Lage sein, das Unternehmen mit einem geringeren Eigenkapitaleinsatz zu erwerben. In dieser Situation könnte der Käufer argumentieren, er sei weniger riskant als ein reiner Außenstehender. Dies könnte einen Kreditgeber dazu bewegen, seine Anforderungen an die Gesellschafterbeteiligung zu senken.

Wenn Kreditgeber nicht mit einem neuen Anteilseigner verfahren wollen, der keine signifikanten Mittel zur Investition hat, kann eine Lösung darin bestehen, dass der Käufer das Unternehmen im Laufe der Zeit erwirbt. In dieser Situation verkauft der bisherige Gesellschafter nach und nach Anteile an den Käufer und zieht sich sukzessive aus dem Unternehmen zurück.

Woher aber kommt der Rest des Geldes? Wenn du über Eigenkapital in Höhe von 20 bis 30 % des Kaufpreises verfügst können die restlichen Mittel aus verschiedenen Quellen stammen.

Ein Bankkredit

Der Bankkredit ist eine gängige Methode, um einen Teil des Kaufpreises zu decken. Diese Art von Darlehen hat normalerweise einen festen Rückzahlungsplan und einen relativ niedrigen Zinssatz im Vergleich zu anderen Optionen. Die Konditionen hängen dabei von einer Vielzahl von Faktoren ab, wie z. B. der Höhe des Eigenkapitals, den verfügbaren Sicherheiten und der erwarteten Geschäftsentwicklung.

Mezzanine-Kapital

Die Mezzanine-Finanzierung, auch "Junior Debt" oder "Nachrangdarlehen" genannt, ist eine flexiblere Art von Darlehen, die auf verschieden Weisen strukturiert werden kann - und manchmal sogar als Eigenkapital behandelt wird, wodurch sich der Umfang des Rating-relevanten Eigenkapitals effektiv erhöht. Diese Art von Fremdkapital bzw. Eigenkapital bietet Rückzahlungsbedingungen, die an den Cashflow eines Unternehmens angepasst sind. Die damit einhergehende Verzinsung ist zwar im Vergleich zu vorrangigem Fremdkapital höher, bietet jedoch Flexibilität hinsichtlich der Verzinsung (d.h. eine Mischung aus einem niedrigeren Zinssatz und einer variablen Vergütung, wie z.B. ein Bonus oder Kicker am Ende der Laufzeit). Mezzanine-Darlehen rangieren in der Rückzahlungspriorität im Falle eines Ausfalls unter den besicherten Verbindlichkeiten.

Verkäuferdarlehen

Das Verkäuferdarlehen ist eine attraktive Option, wenn du die Finanzstruktur flexibel gestalten willst. In diesem Fall übernimmt die Person, die das Unternehmen verkauft, einen Teil des Preises im Voraus und erklärt sich bereit, den Restbetrag zu einem späteren Zeitpunkt zu erhalten, oft nachdem ein Großteil oder alle vorrangigen Verbindlichkeiten abbezahlt wurden. Dieser Restbetrag wird in der Regel durch ein Pfandrecht auf das Eigentum und die Vermögenswerte des Unternehmens gesichert. Wenn der Käufer mit seinen Zahlungsverpflichtungen in Verzug gerät, kann der Verkäufer in einigen Fällen wieder einspringen und das Unternehmen übernehmen.

Oft werden Verkäufer- und Bankdarlehen kombiniert. In diesem Fall ist das Pfandrecht des Verkäufers gegenüber dem der Bank nachrangig. Eine andere Art der Verkäuferfinanzierung beinhaltet bedingte Zahlungen, wie z. B. Optionen oder zusätzliche Zahlungen (Earn-Outs), wenn bestimmte Leistungsziele erreicht werden. Diese Bestimmungen tragen dazu bei, den Verkäufer an den zukünftigen Erfolg des Unternehmens zu binden, was nützlich sein kann, um die üblichen Überraschungen zu überstehen, die in den ersten Übergangsjahren auftreten.

Was muss man tun, bevor man ein Unternehmen kauft?

Hier sind sechs Tipps die dich für den Kauf eines Unternehmens vorbereiten:

1. Führe eine Due-Diligence-Prüfung durch

Wenn du ein Unternehmen gefunden hast, das du kaufen möchtest, solltest du als erstes eine gründliche Due Diligence durchführen. Informiere dich so gut wie möglich über die finanzielle und rechtliche Situation sowie die Zukunftsaussichten des Unternehmens. Dazu solltest du die Dienste von internen und externen Experten in Anspruch nehmen. Dies wird dir ermöglichen, die Stärken und Risiken der Transaktion zu verstehen und zu klären, worauf du dich nach dem Übergang konzentrieren musst. Das Verständnis der Cashflows des Unternehmens ist von entscheidender Bedeutung, vor allem, um dir zu helfen, entsprechend zu planen, aber auch für spätere Kreditgeber, die ihre Kredite auf der Grundlage der Prognose strukturieren werden.

Eine zu optimistische Prognose wird nicht helfen, da du in Schwierigkeiten geraten kannst, wenn du deine Ziele nicht erreichst und du deinen finanziellen Verpflichtungen (Zins und Tilgung) nicht erfüllen kannst. Hier ist der Einbau einer hohen Flexibilität in die Finanzierungsstruktur der Schlüssel zum Erfolg. Ebenso wie einen geduldigen Finanzpartner zu haben, der dich durch die Turbulenzen eines Übergangs unterstützt.

2. Wähle die Investoren mit Bedacht

Mache deine Hausaufgaben bezüglich der Kreditgeber und Investoren, die Interesse an der Finanzierung deiner Transaktion zeigen. Viele Investoren wollen relevante Summen in den Betrieb des Unternehmens stecken, also ist es integral, dass du diejenigen auswählst, die eng mit deinen eigenen betrieblichen Zielen und Ideologien übereinstimmen.

3. Finde Antworten für die Darlehensgeber

Bevor du der Finanzierung einer Transaktion zustimmst, müssen die Banken einen Businessplan sehen, der detailliert beschreibt, wohin du das Unternehmen führen willst, sowie Finanzprognosen für die nächsten 12 bis 18 Monate.

Hier sind weitere Fragen, die die Banken stellen könnten:

Warum verkauft der Eigentümer das Unternehmen? Handelt es sich um einen Anteilskauf (Share-Deal) oder einen Kauf von Vermögenswerten (Asset-Deal)? Wie wurde der Verkaufspreis festgelegt? Mit anderen Worten, was ist das Unternehmen wert und wie wurde dieser Wert ermittelt? (Ein externes Bewertungsgutachten, ein EBITDA-Multiple usw.). Was ist im Kaufpreis enthalten? Sind es harte Vermögenswerte oder ist es nur der Firmenwert?

Je nachdem, ob du Sicherheiten zu bieten hast oder nicht, stehen unterschiedliche Finanzierungsinstrumente zur Verfügung. Welche Erfahrungen hast du in dieser Branche? Hast du schon einmal in dem zu übernehmenden Unternehmen gearbeitet? Wenn ja, in welcher Position?  Hast du Zugang zu den Jahresabschlüssen des zu übernehmenden Unternehmens? Wie steht es um die finanzielle Gesundheit des Unternehmens? Weißt du, wie die Finanzdaten des Unternehmens im Vergleich zu anderen Unternehmen der Branche aussehen?

4. Schaue über den Zinssatz hinaus

Zinssätze sind wichtig, aber auch andere Bedingungen, können auf lange Sicht von Bedeutung für das Geschäft sein. Ein niedriger Zinssatz ist oft mit strengen Rückzahlungsbedingungen verbunden, die du nur erfüllen kannst, wenn das Unternehmen von Anfang an gut läuft. Vielfach ist das aber nicht der Fall, daher ist es wichtig, Flexibilität in die Finanzierung einzubauen. Der billigste Kredit ist nicht immer der beste Kredit. Zum Beispiel kann die Möglichkeit helfen, Zahlungen auf die Kreditsumme zu verschieben und so einen gesunden Cashflow für das Unternehmen zu erhalten.

Ein weiteres Beispiel für Flexibilität sind Kreditrückzahlungen, die auf die Höhen und Tiefen im Cashflow eines saisonalen Geschäfts zugeschnitten sind. Ein Mezzanine-Darlehen kann auch in Betracht gezogen werden. Durch seine individuellen Ausgestaltungsformen kann es eine flexible Option für einen Geschäftsübergang sein. Bei einem Mezzanine-Darlehen kann ein Teil oder die gesamte Kreditsumme mit der Option strukturiert werden, die Kreditsumme früher zu tilgen, wenn bestimmte Kennzahlen/Covenants erfüllt sind.

5. Plane für mögliche Unterbrechungen

Die ersten Jahre einer Unternehmensumstellung sind hart, denn gibt immer Überraschungen. Wenn ein wichtiges Teammitglied nach der Übernahme das Unternehmen verlässt, der Umsatz einbricht oder eine wichtige Anlage ausfällt, brauchst du den nötigen Spielraum, um mit diesen Problemen umzugehen, ohne dich selbst einem finanziellen Risiko auszusetzen.

6. Umgebe dich mit Experten

Wenn es um den Kauf eines Unternehmens geht ist es umso besser, je mehr man weiß. Es ist daher enorm wichtig, mit einem vertrauenswürdigen Banker, Wirtschaftsprüfer oder M&A-Berater zu sprechen, sobald du anfängst, über den Kauf eines Unternehmens nachzudenken. Ein professioneller Berater kann dir helfen, die Optionen zu sortieren, wichtige Verbindungen herzustellen und sicherzustellen, dass du verschiedene Szenarien durchdacht hast.

Die Praxis zeigt: Als Gründer solltest du mit einer Vielzahl potenzieller Kapitalgeber sprechen. Ohne einen Experten ist eine passende Finanzierung nur schwer umsetzbar.

 

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Nähere Informationen erhältst du auf www.gruender.de Hier findest du alle wichtigen Themen rund ums Gründen.