Checklist M&A

Wohlverdienter Ruhestand - So läuft ein Unternehmensverkauf ab

Die Corona-Pandemie hat vielen etablierten Unternehmern eines gezeigt: Genug ist genug. Das eigene Unternehmen durch eine Krise zu steuern, kostet Kraft. Sorgen um die Auftragslage, Kreditlinie und Zahlungsausfälle bereiten schlaflose Nächte. Angesichts solcher Probleme sehnt sich so manch mittelständischer Geschäftsführer insgeheim nach dem wohlverdienten Ruhestand. Selbst wenn es schwer fällt das eigene Lebenswerk abzugeben, ist ein Verkauf oft unausweichlich, da die meisten Vermögenswerte im Unternehmen gebunden sind.

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass der Verkauf eines Betriebes in Unternehmerkreisen oft unterschätzt wird. „Ich habe bereits zahlreiche Immobilien gekauft und verkauft, so schwierig kann das doch nicht sein“, lautet einer der Standardsprüche. Die Wahrheit ist jedoch, dass ein Verkaufsprozess für ein Unternehmen sehr komplex sein und diverse Fallstricke beinhalten kann. Nur wer sich auskennt, wird auch den besten Preis erhalten.

Folgende sechs Phasen finden sich bei jedem professionellen Unternehmensverkauf:

1. Vorüberlegungen & Vorbereitung

Eine Binsenweisheit lautet: „Zeit ist Geld.“ Dies lässt sich insbesondere im Rahmen einer Verkaufstransaktion bestätigen. Auch in Krisenzeiten ist es mittelständischen Unternehmern wichtig einen Verkaufserlös zu erzielen, der sie für die Jahre an Zeit, Geld und Aufopferung angemessen entschädigt. „Damit dieser Wunsch auch Realität wird, sollten geschäftsführende Gesellschafter frühestmöglich gezielte Maßnahmen ergreifen, um den Unternehmenswert zu erhöhen“, weiß Carsten Häming, Managing Partner der Corporate Finance Mittelstandsberatung GmbH. Ein maßgeblicher Wertreiber ist beispielsweise eine glaubhafte Selling-Story. Hierbei werden die wesentlichen Alleinstellungsmerkmale (USP), zukünftige Wachstumsoptionen und die nachhaltige Ertragslage des Unternehmens aufzeigt. Mittelständische Unternehmer sollten folglich bereits zu Beginn ihrer Verkaufsabsicht alle verfügbaren Optionen evaluieren und mithilfe eines Transaktionsexperten das weitere Vorgehen strategisch planen.

2. Unternehmensbewertung

Beim Verkauf eines Unternehmens dient die Bewertung als erste Indikation eines möglichen Verkaufspreises. Der ermittelte Wert kann als Orientierung für eventuelle Kaufangebote dienen und ist aus Verkäufersicht eine wichtige Argumentationsgrundlage in den nachfolgenden Verhandlungen. Die gängigsten Bewertungsverfahren in Deutschland sind das Multiplikatorverfahren und die Discounted Cashflow Methode (DCF). Erstere orientiert sich an vergleichbaren Unternehmen oder Transaktionen. Der zweitgenannte Bewertungsansatz basiert auf den abgezinsten, erwarteten Zahlungsströmen des Unternehmens.

3. Der Auswahlprozess

Das Unternehmertum ist stets mit Verantwortung verbunden.Oftmals auch weit über das eigene Ausscheiden hinaus. Trotz eventuellem Verkaufsdruck sollte daher ein Käufer gefunden werden, der das Unternehmen im Sinne des Verkäufers weiterführt. Hierzu gehört es unter anderem die Mitarbeiter einzubinden. Vielfach sogar durch eine Mitarbeiterbeteiligung oder eine Management-Beteiligung, dem sogenannten Management-Buy-out (MBO). In der Praxis kommen vor allem strategische Investoren oder Finanzinvestoren für den Kauf eines Unternehmens in Frage. Passende Kaufkandidaten werden zuerst identifiziert und anschließend mit einem anonymisierten Kurzprofil des Unternehmens (Teaser) angeschrieben. Die erstellten Marketingmaterialien erfüllen die schwere Aufgabe einerseits Interesse zu erzeugen, gleichzeitig jedoch möglichst wenig sensible Informationen preiszugeben. Im Anschluss an diese erste Vorselektion beginnt ein Trichterverfahren, welches die potentiellen Käufer nach den individuellen Auswahlkriterien des Verkäufers auf eine Hand voll passender Investoren reduziert.

4. Due Diligence

In Rahmen der Due Diligence (Sorgfältigkeitsprüfung) prüfen die potentiellen Käufer das zum Verkauf stehende Unternehmen auf Herz und Nieren. Nachdem zuerst eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterschrieben und nachfolgend ein sicherer Datenraum eingerichtet wurde, legt der Verkäufer wesentliche Unterlagen zu seinem Unternehmen offen. Die Evaluation des Unternehmens findet anhand verschiedener Kriterien statt und umfasst vor allem die Bereiche Finanzen, Personal, Technik, Organisation/IT, Strategie/Wirtschaftlichkeit, Recht, Umwelt und Steuern.

5. Verhandlungen

Verhandlungen jedweder Art sind mittelständischen Unternehmern vertraut – sei es mit Lieferanten, Kunden, Banken oder Mitarbeitern. Die Verhandlung eines Unternehmensverkaufs erfordert jedoch transaktionsspezifisches Wissen, da jeder Fall mit individuellen Herausforderungen verbunden ist. Ein immer wiederkehrender Verhandlungsgegenstand betrifft sogenannte Kaufpreismechanismen. So haben sich neben festen Kaufpreisen (Locked Box Modell) in der Praxis auch variable Kaufpreismechanismen (beispielsweise Earn-out-Regelungen) etabliert, bei denen der Kaufpreis an Wertänderungen nach dem Verkauf bzw. Vollzugstag angepasst wird. Insbesondere in Krisenzeiten sind auch MAC-Klauseln, die das Recht auf den Rücktritt einer Transaktion bei einer nachteiligen Entwicklung der Zielgesellschaft regeln, ein hart umkämpfter Verhandlungspunkt. Erst wenn bei dieser und weiteren Fragen der Verkaufsabwicklung eine Einigung zwischen Käufer und Verkäufer erzielt wurde, kann der Prozess in die letzte Phase übergehen.

6. Abschluss/Übernahme

Der erfolgreiche Abschluss des Unternehmensverkaufes ist das Ziel jedes Verkaufsprozesses. In der Abschlussphase wird allgemein zwischen einem Signing und einem Closing unterschieden. Das Signing bezeichnet den Abschluss eines Anteilskaufvertrags (Share-Deal) oder eines Kaufvertrags über Vermögensgegenstände (Asset-Deal). Als Closing wird hingegen der tatsächliche Eigentumsübergang bezeichnet, der oftmals erst Wochen oder Monate nach Unterzeichnung des Kaufvertrages stattfindet. Die zeitliche Differenz dieser Vorgänge resultiert aus verschiedenen Gegebenheiten, wie der Zustimmung der Organe des Unternehmens zum Kaufvertrag und kartellrechtlichen Prüfungen.
In der Regel dauert es rund 6-8 Monate, bis diese sechs Phasen eines Unternehmensverkaufs abgeschlossen sind. Bei krisengebeutelten Unternehmen, die aufgrund einer nahenden oder bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit schnell verkauft werden müssen (Distressed-M&A) halbiert sich oftmals die zur Verfügung stehende Zeit. „Der hieraus resultierende Zeitmangel in Verbindung mit Liquiditätsschwierigkeiten und das Gefühl mit dem Rücken gegen die Wand zu stehen, erhöhen den subjektiv wahrgenommenen Druck und führen schnell zu überhasteten oder sogar Fehlentscheidungen. Hinzu kommt, dass für viele mittelständische Unternehmer der Verkauf ihres Unternehmens ein einmaliges Ereignis darstellt. Ein Unternehmensverkauf sollte daher auch in Krisenzeiten strategisch geplant und professionell ausgeführt werden, um das bestmögliche Ergebnis für alle Beteiligen zu erzielen“, resümiert Carsten Häming.