Die wirtschaftliche Lage vieler deutscher Akutkliniken ist seit dem Auslaufen der Corona-Hilfen angespannt. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Klinikinsolvenzen und Liquiditätsprobleme erheblich. Die Prognosen deuten auf eine Trendverschärfung ab dem Jahr 2025. Die Krankenhausreform wird an den akuten Liquiditätsproblemen nichts ändern. Die Gründe für die Liquiditätsunterdeckungen sind im Wesentlichen die Kosteninflation der letzten Jahre – zeitverzögert und nur unzureichend im operativen und investiven Bereich ausgeglichen –, die Kapital- und Personalbindung für aufgebaute Überkapazitäten – verschärft durch Fachkräftemangel – und eine sinkende Produktivität infolge bürokratischer Vorgaben und neuer Arbeitszeitmodelle. Für die Geschäftsführung bedeutet dies nicht nur eine große Verantwortung, sondern auch ein erhebliches persönliches Risiko. Um eine Organhaftung zu vermeiden und die Zukunft geordnet und geplant zu sichern, ist es entscheidend, frühzeitig alle Handlungsoptionen zu prüfen.
Herausforderungen im deutschen Kliniksektor
Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser wird zunehmend prekär. Besonders Akutkliniken, die als essenzieller Bestandteil der medizinischen Grundversorgung gelten, stehen vor enormen Herausforderungen: Das System der Fallpauschalen wird von vielen als nicht ausreichend angesehen, um die gestiegenen und weiter steigenden Kosten für Personal, Strom, Wasser, medizinischen Bedarf oder bezogene Dienstleistungen zu decken. Die Einführung von Vorhaltepauschalen schreibt lediglich den gegenwärtigen Status quo fest. Die Förderung von Investitionen war und ist weit entfernt von einer Vollfinanzierung. Der laufende Geschäftsbetrieb musste – sofern überhaupt möglich – für die Investitionsfinanzierung mit herangezogen werden. Der Personalmangel belastet nicht nur die Versorgungsqualität, sondern erhöht auch die Kosten durch Überstunden und teure Leiharbeitskräfte. Das Personal muss vorgehalten werden, um gesetzlich verordnete Personalschlüssel erfüllen oder nicht belegte Betten weiterhin vorhalten zu können. Viele Akutkliniken sind nicht in der Lage, notwendige Modernisierungen oder Großinvestitionen aus dem laufenden Klinikbetrieb und den gewährten Fördermitteln zu finanzieren, was ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter beeinträchtigt und die Aufnahme zinstragender Finanzierungsformen (Bankdarlehen, Leasing, Factoring etc.) erfordert. Zusätzliche Dokumentationspflichten stellen weitere Belastungen für die Akutkrankenhäuser dar.
Persönliche Risiken der Geschäftsführung
In Krisenzeiten rückt die Verantwortung der Klinikleitung in den Fokus. Geschäftsführer, Vorstände, Führungskräfte und Aufsichtsräte stehen in der Pflicht, rechtzeitig auf wirtschaftliche Schwierigkeiten zu reagieren. Ein Zögern oder Fehlentscheidungen können gravierende persönliche Folgen haben: Wenn ein Insolvenzantrag verspätet gestellt wird, drohen strafrechtliche Konsequenzen sowie Schadensersatzforderungen. Sofern eine D&O Versicherung abgeschlossen wurde und diese keinen Insolvenzausschluss vorsieht, sind grundsätzlich Ansprüche gegen die Geschäftsführung auf Erstattung von Zahlungen nach Insolvenzreife von der D&O Police gedeckt. In einer Liquiditätskrise wächst aber der Zeitdruck und verengt sich der Handlungsspielraum für das Management. Dadurch steigt das Risiko einer Verletzung der Insolvenzantragspflicht, verbunden mit einer unangenehmen Beweislastumkehr. Denn die Geschäftsführung muss beweisen können, warum sie bestimmte Entscheidungen in der Krise getroffen und die Insolvenz nicht beantragt hat. Selbst bei Vorliegen einer D&O Versicherung bleiben die Risiken eines Selbstbehalts, einer fehlenden Rückwärtsdeckung und strafrechtlicher Konsequenzen. Das Haftungsrisiko erstreckt sich auch auf Aufsichtsratsmitglieder, die im Akutklinik-Sektor nicht selten fachfremd sind und die Auswirkungen ihrer Entscheidungen kaum überblicken (können). Fehler in der Krisenbewältigung können als Pflichtverletzung ausgelegt werden. Neben finanziellen Risiken und strafrechtlichen Folgen steht auch der Ruf der verantwortlichen Personen auf dem Spiel, was ihre weitere berufliche – oder politische – Laufbahn beeinträchtigt.
Warum frühzeitige Unterstützung entscheidend ist
Um die persönlichen Haftungs- und Reputationsrisiken zu minimieren, ist es essenziell, frühzeitig alle möglichen Handlungsoptionen auch außerhalb einer D&O Versicherung und eines Insolvenzverfahrens zu prüfen und sich für eine externe Unterstützung zu entscheiden. Corporate-Finance-Berater, Restrukturierungsexperten, Insolvenzberater und Wirtschaftsprüfer können mit ihrer Erfahrung und Expertise helfen, die finanzielle Situation objektiv zu analysieren, Handlungsempfehlungen zu entwickeln und bei deren Umsetzung zu unterstützen. Eine detaillierte Überprüfung der finanziellen Lage und Identifikation von Schwachstellen ist dabei ein erster wichtiger Schritt. Experten können bei der Entwicklung eines Maßnahmenplans zur Stabilisierung des Klinikbetriebs, der Organisation und Finanzierungsstruktur mit ihrem Sachverstand helfen und Verhandlungen mit Gläubigern begleiten. Umfassende Anpassungen in den Strukturen und Prozessen können die Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern. Falls ein Insolvenzverfahren unvermeidlich wird, kann dieses als geordneter Neustart genutzt werden. Rechtzeitig und strategisch vorbereitet behält der bisherige Krankenhausträger eine weitgehende Einflussmöglichkeit auf den erforderlichen Neustart. Dies kann insbesondere für Kommunen bei entsprechendem Versorgungsauftrag von Bedeutung sein.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für deutsche Akutkliniken werden sich im Jahr 2025 voraussichtlich weiter verschlechtern. Die Geschäftsführung, die Gesellschafter und Aufsichtsratsmitglieder stehen vor der Herausforderung, ihre Einrichtungen sicher durch diese Krisenzeit zu führen. Um persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden und den Betrieb auf künftige Veränderungen vorzubereiten, ist eine frühzeitige und professionelle Unterstützung unerlässlich. Vermeintliche Finanzmittel aus dem Transformations- oder dem Infrastrukturfonds lösen dagegen die aktuellen Liquiditätsprobleme nicht. Nur durch proaktives Handeln können die Verantwortlichen gestalterisch tätig werden und auf diese Weise vermeiden, quasi als Zaungäste den Veränderungen im Akutklinik-Sektor passiv zuschauen zu müssen.